Johannes Kepler Universität Linz - JKU

Von molekularen Mechanismen zu therapeutischen Targets – Gendefekte und biologische Zustandswechsel im Fadenkreuz personalisierter Medizin

Die junge Medizinische Fakultät der Johannes Kepler Universität Linz ist als rasch wachsende Gemeinschaft international renommierter klinischer Wissenschaftler*nnen integraler Bestandteil der österreichischen Forschungslandschaft. Exzellente Wissenschaft in nach dem neuesten Stand der Technik ausgestatteten Forschungslaboren ermöglicht Spitzenleistungen und attrahiert Studierende, Doktorand*nnen und Postdocs aus aller Welt. Der moderne MED Campus der JKU integriert Spitzenmedizin mit Grundlagen- und translationaler, patientenorientierter Forschung in optimaler und architektonisch äußerst gelungener Weise.

Linz geht in vielerlei Hinsicht neue Wege. Die Forschungsschwerpunkte der Medizinischen Fakultät, Klinische Altersforschung und Versorgungsforschung, sind bereits wesentliche Bestandteil des Bachelorstudiums. Wir übersetzen diesen Auftrag in spezifischer Weise in den Bereichen Krebsforschung, molekular mechanistischer Pathogenese Forschung, translationaler Erforschung seltener Erkrankungen, Demenzforschung und vielen weiteren Feldern.   

Seltene Erkrankungen durch Korrektur mutierter Zellen gezielt behandeln

Die Ursache vieler Krankheiten liegt in vererbten oder erworbenen Mutationen im Erbgut. Erbliche Mutationen lösen viele seltene – und in Summe gar nicht mehr so seltene – Krankheiten aus, können an nächste Generationen weitergeben werden oder treten in der Nachkommenschaft spontan neu auf. Erworbene Mutationen durch exogene Schädigungen wie UV- oder ionisierende Strahlung, Alkohol- und Nikotin-Konsum können neben Genveränderungen in beliebigen Körperzellen auch vererbbare Schäden in unseren Keimzellen setzen. Insofern liegen Ursachen seltener Erkrankungen und Tumor-begünstigende Gendefekte nahe beieinander. Wir sind angetreten, die molekularen Mechanismen dieser Krankheiten zu verstehen, diagnostische Signaturen zu entschlüsseln, mögliche Angriffspunkte für neue, funktionell modulierenden Wirkstoffe zu identifizieren und Defekt-korrigierende pharmakologische und genetische Therapiekonzepte zu entwickeln.

Wir arbeiten spezifisch an der Erforschung diagnostischer Signaturen und Mechanismen von seltenen Krankheiten. Wir kooperieren mit der Industrie, um innovative neue Therapien zu testen und damit bisweilen revolutionäre Behandlungsformen für seltenen Erbkrankheiten ans Krankenbett zu bringen. Das inkludiert nicht nur klinische Testungen neuer Medikamente. Die Zukunft hat in diesem Bereich bereits begonnen. Die ersten Gentherapien finden in Linz statt, um bisher tödliche Krankheiten durch Einschleusung gesunder Genvarianten in die Zellen zu korrigieren.

Expert*innen für seltene Krankheiten und Onkologen arbeiten daher an ähnlichen Prozessen. Durch engen Dialog und interdisziplinäre Kooperationen beschleunigen sie den Erkenntnisgewinn in ihren jeweiligen Fachgebieten.

Die biologische Dynamik von Tumorerkrankungen verstehen und personalisiert angreifen

Gendefekte sind die Grundlage maligner Entartung, doch selten ist die Korrektur von Mutationen – anders als bei ererbten Stoffwechseldefekten – eine machbare Strategie zur Heilung von Krebserkrankungen. Über das letzte Jahrzehnt ist die genomische Aufschlüsselung des Tumorbauplans mittels „Next-Generation Sequencing“ weit in den klinischen Alltag der Onkologie vorgedrungen; viele Therapieentscheidungen machen sich an molekularen Defekten fest. An der JKU Linz würdigen wir über Tumor-assoziierte Mutationen hinaus den Eintritt von Krebszellen oder ihrer „prätransformierten“ Vorläufer in neue biologische Zustandsformen wie zelluläre Seneszenz, Autophagie oder Prä-Apoptose, da wir zunehmend besser verstehen, dass es diese „State Switches“ sind, die das weitere Schicksal der Erkrankung und somit Langzeit-Outcome der Patient*innen wesentlich beeinflussen können. Insbesondere die zelluläre Seneszenz, ein Zellalterungsprogramm, das auch wichtige Implikationen für das organismische Altern hat, steht hier im Fokus: Seneszenz stoppt Tumorzellen in ihrer Teilungsfähigkeit, stimuliert das Immunsystem, kann aber durch Unterhaltung einer chronischen Entzündung und Reprogrammierung zu Tumorstammzellen die Grundlage sehr aggressiver Rückfallerkrankungen schaffen. Daher sind in der Onkologie personalisierte Therapieansätze wichtig, die nicht nur die Tumorlast massiv reduzieren, sondern verbliebene Tumorzellen an derartigen biologischen Zustandsänderungen gezielt angreifen und somit ultimativ gefährliche Residuen eradizieren.

Generalisiert vs. Personalisiert: Epilepsie im Wandel der Zeit

Epilepsie ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen. Seit Jahrzehnten wird die Wahl des Antikonvulsivums hauptsächlich nach dem jeweiligen Anfallstyp (generalisierte vs. fokale Anfälle) getroffen und die Kinder somit recht uniform behandelt. Im Jahr 2021 kennen wir bereits 93+ genetische Krankheiten die Epilepsie auslösen, viele durch Störungen an Ionenkanälen der Hirnzellen. Die Diagnose Epilepsie hat sich also in viele, individuell seltene Krankheiten aufgeteilt. Wir beginnen, deren molekulare Mechanismen zu identifizieren und personalisierte, spezifische Therapien für den jeweiligen Gendefekt zu testen. Ein universeller „One-Size-Fits-All“- Zugang zur kindlichen Epilepsie ist heute nicht mehr „State-of-the Art“. Moderne Bildgebung erlaubt zudem nun auch sogenannte Malformationen der kortikalen Entwicklung als Ursache von therapie-resistenten Epilepsien zu identifizieren. Diese Patient*innen werden vom multi-disziplinären Expertenteam der JKU Linz durch gezielte Epilepsie-chirurgische Eingriffen behandelt.

Persönliche Mitglieder

Wolfgang Högler promovierte und habilitierte an der Medizinischen Universität Innsbruck, weitere klinische Forschungsstationen inkludieren das Institute of Endocrinology and Metabolism, Children’s Hospital at Westmead, Sydney und das Institute of Metabolism and Systems Research, University of Birmingham. Als Endokrinologe und Pädiater hat er sich der tertiärmedizinischen Versorgung und Erforschung chronischer und seltener Krankheiten verschrieben. Sein Forschungsteam an der JKU Linz widmet sich dem molekularen Mechanismus erblicher osteologischer und endokrinologischer Erkrankungen, neuen diagnostischen Methoden und der klinischen Testung neuer Medikamente für seltene Krankheiten. Die Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde trägt in globalen und europäischen Registries zum besseren Verständnis seltener Krankheiten bei. Die intensive translationale Forschungsstrategie widerspiegelt sich in weiteren Forschungsteams seiner Klinik mit Fokus auf seltene Epilepsien, neuromuskuläre Krankheiten, und Gentherapie. Seltene und chronische Krankheiten von Kindesbeinen an erfordern hochspezialisierte, tertiäre und einfühlsame – und damit personalisierte Medizin.

https://www.kepleruniklinikum.at/versorgung/kliniken/kinder-und-jugendheilkunde/team/

https://www.birmingham.ac.uk/staff/profiles/metabolism-systems/hogler-wolfgang.aspx

 

Als Hämato-Onkologe mit langjähriger Tätigkeit an der Charité – Universitätsmedizin Berlin steht JKU-Lehrstuhlinhaber Univ.-Prof. Clemens A. Schmitt nunmehr der Universitätsklinik für Hämatologie und Internistische Onkologe am Kepler Universitätsklinikum in Linz vor. Seit seiner Dissertation an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz und seinem Postgraduiertenaufenthalt am Cold Spring Harbor Labor bei New York interessiert sich Clemens Schmitt in der translationalen Tumorforschung insbesondere für zelluläre Stress-Response-Programme wie Apoptose und Seneszenz. Vor allem in genetisch modifizierten murinen Lymphommodellen und primärem Patienten-Lymphommaterial, aber auch in Melanom- und Kolonkarzinom-Modellsystemen beschäftigt er sich mit der Rolle zellulärer Seneszenz in Tumorentstehung und Therapieantwort. Dabei geht es um die komplette „Discovery Chain“ von grundlagenwissenschaftlicher Aufdeckungen molekularer Mechanismen der Seneszenz-Regulation, translationaler Exploration konzeptionell neuer Therapien, die an Seneszenz-assoziierten Vulnerabilitäten angreifen, bis zu frühen klinischen Studien, die präklinische Paradigmen in TumorpatientInnen prüfen. Sein besonderer Zugang zur personalisierten Medizin gilt der Würdigung biologischer Zustandsänderungen, weniger einzelner genetischer Läsionen, als Therapieziel.

https://www.kepleruniklinikum.at/versorgung/kliniken/haematologie-und-internistische-onkologie/team/

https://www.bsio-cancerschool.de/bsio-faculty